Unterwegs mit dem Sun Surveyor

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© Andreas Pacek/Westend61

Licht ist ein Grundbestandteil für die Arbeit von Fotografen, nicht umsonst stellt es sogar ein Teil der Bezeichnung (Foto/Photo = griechisch für Licht) unseres Berufes dar. Die Studio-Fotografen verfügen für den Umgang mit Licht bei ihren Produktionen über eine Reihe von technischen Möglichkeiten (Lichtformer und diverse Lichtquellen), die sie je nach Bedarf kontrolliert einsetzen können. Somit können sie den Einsatz von Licht für ihre Arbeit jederzeit anpassen und beeinflussen.

Bei Reise-Fotografen oder solchen Fotografen, die ohne Einsatz von artifiziellen Lichtquellen arbeiten („Available Light Photography“), sieht die Sache ein bisschen anders aus. Sie sind meistens darauf angewiesen, wie die größte Lichtquelle überhaupt (die Sonne) gerade so scheint… oder auch nicht. Sie können diese Lichtquelle nur bedingt kontrollieren (etwa durch den Einsatz von Reflektoren) und müssen sich dementsprechend an die jeweilige Lichtsituation anpassen. Das kann unter Umständen ein Kostenfaktor für die Produktion darstellen, wenn z. B. die Sonne zum Zeitpunkt der Aufnahme gerade nicht von dort aus scheint, von wo man sie gerne haben würde.

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© Rainer Berg/Westend61

Nun kann man sich mit astrologischen Lehrbüchern befassen und die Wissenschaft der Laufbahn der Sonne studieren oder den Umgang mit einem Sextant erlernen… oder man setzt auf die moderne Technik, die fast jeder von uns in der Hosentasche trägt: Apps.

Insbesondere in den Ländern, die weiter weg vom Äquator liegen, haben wir je nach Jahreszeit eine sehr stark abweichende Positionierung der Sonne. Mal steht sie höher über dem Horizont, mal steht sie tiefer. Was wäre also wünschenswerter, als im Voraus zu wissen, wann und wo die Sonne stehen wird? Reisekosten und Zeit sind bei Reisefotografen wichtige Faktoren und können durch Planung optimiert werden. Antworten auf Fragen wie „Wann wird die Sonne hinter dem Turm sein?“ oder „Ist es hier überhaupt zu diesem Zeitpunkt hell?“ erleichtern die Organisation einer Reise ungemein.

Sun Surveyor
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Es gibt viele solche hilfreichen Reisebegleiter, z.B.  die Sun Surveyor App, die ich etwas unter die Lupe genommen habe und euch vorstellen möchte.

Erhältlich für iOS und Android, befasst sich diese App mit einer vereinfachten Darstellung der Laufbahn von Sonne und Mond, je nachdem wo man sich befindet. Mit Hilfe von GPS, Kompass, Accelerometer, Gyroskop und Kamera kann man damit genau ablesen, wann, wo und wie die Sonne und der Mond stehen bzw. sich bewegen werden.

Die Navigation ist an und für sich sehr intuitiv, so hat man als oberste Menü-Punkte

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  • 3d-Kompass
  • Kartenansicht
  • Live-Ansicht
  • Details
  • Street View

und dann die üblichen Einstellungs- und Sharing-Möglichkeiten.

Der 3D-Kompass
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Bei diesem Modus wird ein digitaler Kompass dargestellt, der mit Hilfe der Handy-eigenen Sensoren Orientierungshilfe bietet. Klar, jeder von uns weiß, dass die Sonne im Westen untergeht… aber, oft stehen wir irgendwo und wissen nicht mit Sicherheit WO der Westen ist. Hält man nun das Handy senkrecht, kann man auf dem Display die Laufbahn der Sonne zur jeweiligen Uhrzeit ablesen und so, z. B sehen, wann sie ihren höchsten Punkt erreichen oder in welchem Winkel das Licht einfallen wird. Wenn man als Fotograf dann bestimmte Schattenmuster ablichten möchte, dann kann man mittels dieser App feststellen, wann sie am stärksten sein und in welche Richtung sie fallen werden.

 
Die Kartenansicht
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Die Kartenansicht ist eines der wichtigsten und hilfreichsten Modi dieser App. Mittels Bewegen der Karte setzt man die eigene Position fest und kann so feststellen, aus welcher Richtung Sonne und Mond scheinen werden. So kann man z. B. ermitteln, wann im Laufe des Tages die Sonne hinter einem bestimmten Gebäude scheinen wird oder wo sich der Mond auf dem Bild abends befinden wird. Dieses Bild unten zeigt, wie man dies praktisch einsetzen kann:

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© Kristian Peetz/Westend61

Für dieses Bild wusste ich mit der App schon vorher, wann der Mond an dieser Stelle sein würde (und welche Mondphase er haben würde) und konnte mir somit viel Zeit und Mühen ersparen. Weiterhin kann man durch Neupositionierung des Kreuzes unterschiedliche Locations testen und die optimale Lage für die eigene Produktion erkunden. Ein weiteres Beispiel wäre dieses Bild:

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© Kristian Peetz/Westend61

Dieses Bild kann nur zu einer ganz bestimmten Jahreszeit gemacht werden, da nur dann die Sonne an dieser Stelle untergeht.

Die Live-Ansicht

Die Live-Ansicht ermöglicht es, vor Ort zu sehen, wie und wo sich die Sonne hinbewegen wird und zwar in Form von „Augmented Reality“: wir sehen durch die Kamera des Handys die normale Live-Ansicht. Im Bild wird die Sonne (und der Mond) und ihre Laufbahn angezeigt. Somit können wir uns in einer Stadt oder Landschaft bewegen und direkt an Ort und Stelle „sehen“, wo sich die Sonne und der Mond befindet bzw. wo sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden wird. Dieses Feature erlaubt es also flexibel zu testen, ob die Sonne oder der Mond sich überhaupt jemals an einem bestimmten Ort im Himmel blicken lassen werden. Übrigens „entlarvt“ diese App somit auch Bilder, die astronomisch unmögliche Positionierungen vom Mond darstellen. Möchte ich also wissen, ob die Sonne jemals durch ein bestimmtes Fenster eines Turmes durchscheinen wird oder wann sie direkt hinter einem Gebäude stehen wird, diese App sagt es mir.

Die Detailansicht
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Bei der Detailansicht werden eine Menge an astronomischen Kennzahlen und Informationen angeboten. Für uns von Interesse dürften dabei insbesondere die Zeitangaben der Goldenen und der Blauen Stunde sein. Somit kann man also ablesen, wann die sagenumwobenen Zeiträume sind, die der Dämmerungs- und Nachtfotografie ihren besonderen Licht-Charme geben und für kommerziell erfolgreiche Stockbilder besonders kennzeichnend sind.

Darüber hinaus sind auch Informationen zu den Sonnenauf- und -untergangszeiten, den Mondphasen (Vollmond, Neumond, Viertelmond, usw.) und sogar zur Milchstraße vorhanden.

 
Der Street-View Modus
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Dieser Modus ist ein besonderes Leckerli der App-Entwickler: mit der Live-View Ansicht konnten wir ja vor Ort ablesen, wo sich die Sonne wann befinden würde. Aber was ist, wenn wir nicht vor Ort sein können? Hier kommt dann der Street-View Modus zum Einsatz. Mittels der Daten von Google Street View kann man sich damit also überall auf der Welt dorthin „teletransportieren“ [oder „hin-beamen“], wo man möchte und quasi simulieren, dass man dort vor Ort wäre. Und dann wie oben sehen, wo sich die Sonne und der Mond zu einem bestimmten Zeitpunkt an dem Ort befinden werden.

Für die Planung von Reisetouren in Städten ist das wirklich sehr hilfreich.

In allen Modi kann man übrigens die Zeitachse beliebig verändern und sowohl vergangene, sowie auch in der Zukunft liegende Zeitpunkte auswählen.

Mein Fazit: Es gibt auch andere Apps, die den Verlauf der Sonne darstellen, wie z. B. Sun Seeker, Sunpath oder The Photographer´s Ephemeris, aber alles in allem finde ich, diese App vereint die besten Merkmale und Features der anderen in einer einzigen App.

Sie entpuppt sich als als sehr effizientes Helferlein und kann den Fotografen viel Zeit und Kosten ersparen. Nur eines kann sie nicht: Regen oder blauen Himmel mit Schäfchenwolken voraussagen. Aber irgendein Restrisiko muss ja noch bestehen… sonst könnte man ja gleich eine programmierte Drohne an Ort und Stelle schicken und sie die Bilder machen lassen. In diesem Sinne… allzeit gut´ Licht!

Kristian Peetz

Seine Leidenschaft für Fotografie hat Kristian schon mit zarten 15 Jahren entdeckt. Seit früher Kindheit hatte er die Gelegenheit, an viele Orte dieser Welt zu reisen. Dadurch bekam er die Chance, seinen Blick zu trainieren und offene Augen dafür zu haben, besondere Momente mit seiner Kamera einzufangen. Seiner Meinung nach geht es in der Fotografie vor allem darum, solche Momente zu konservieren und Erinnerungen einzufangen, um später die Emotionen, die man an bestimmten Orten und Plätzen hatte, wieder zum Leben zu erwecken.